Kommerzpop und Indiejazz

Kommerzpop und Indiejazz

KOMMERZPOP UND INDIEJAZZ - RUFUS DIPPER

Jazz Empfehlung

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Wir möchten etwas mehr zu Jazz machen. Guter neuerer Jazz ist übrigens schwierig über Spotify zu bekommen. Die stärksten Labels wie ECM oder ACT sind dort gar nicht erst vertreten. Jazz ist also gewissermaßen eher etwas für den CD oder Plattenspieler. Empfehlungen können wir ja trotzdem aussprechen. Zudem gibt es einige wenige Ausnahmen von guten Aufnahmen, die auch auf Spotify zu finden sind. Gogo Penguin gehört sicher dazu. Ebenso Rufus Dipper – ausgespuckt von Shazam. Das Stück Home lief in einer meiner Lieblingsradiosendungen, dem Philosophischen Radio auf WDR5. Eigentlich wird hier sich hier mehr auf Redebeiträge konzentriert und so genoss das Stück dann selbst auf dem kleinen Küchenradio große Aufmerksamkeit.

Die erste Assoziation war e.s.t, also das Esbjörn Svennson Trio. Aber Rufus Dipper funktioniert doch anders als die Legenden. Das Quartett um den international schaffenden Komponisten und Pianisten Michael Geldreich findet in Verschachtelungen ein zusammenhängendes Konstrukt aus Ausdruckskraft, Melodien und rücksichtsvoll eingesetzten elektronischen Soundtexturen.

Zeitlose Klavierkompositionen, getragen von erstaunlicher Klarheit und Präzision. Mal streift man an Johann Sebastian Bach oder James Blake vorbei, doch kaum hat man es bemerkt, sind sie auch schon wieder zwischen den Linien verschwunden, meint man. Das einzige Album Life in a Day schenkt uns unaufgeregten und hochwertig aufgenommen modernen Jazz mit immerhin 14 Titeln. Es ist vielseitig. Und jeder mag so seine eigenen Lieblinge entdecken. Besonders gelungen sind meiner Meinung nach die Stücke Home, Winter, Reverse und Trau Part II.

Rufus Dipper brilliert durch schöne, geschichtenerzählende Melodien, gespielt von Piano, Bass und einem zurückhaltenden Schlagzeug (großer Unterschied zu Gogo Penguin, die Percussion extrem druckvoll aufnehmen und abmischen), begleitet von subtilen elektronischen Klängen.

Fader Beigeschmack: Michael Geldreich arbeitet bei Universal mit Felix Jaehn, Cro, Mark Forster und Herbert Grönemeyer am Songwriting und ist somit Teil der grauenvollen Leben, Tanzen, Menschen Welt Musik, die Jan Böhmermann kürzlich in den Fokus der Aufmerksamkeit um die Echo Verleihungen rückte.

Autor

Felix

Gründer | Bayreuth

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SdW #66 Grandbrothers – Ezra Was Right

SdW #66 Grandbrothers – Ezra Was Right

GRANDBROTHERS - EZRA WAS RIGHT

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Soundtrack der Woche #66

Ein Album aufnehmen mit nur einem Instrument. Seit 2011 verzücken die Grandbrothers mit ihrem modernen Klavierspiel.

Die Grandbrothers, das sind Erol Sarp am Klavier und Lukas Vogel an den Reglern. Im Rahmen ihres Ton- und Bildtechnik Studiums in Düsseldorf erforschten die beiden ein noch unentdecktes Gebiet der Klangerzeugung und kreierten eine noch nie dagewesene musikalische Neuerscheinung.

Die beiden wollen zeigen wie viele Klänge und wie viel Ungewohntes man aus einem Flügel herausholen kann, indem sie einen Flügel als Klanggenerator nutzen ohne dabei auf einen Synthesizer oder Computersounds zurückgreifen zu müssen. Es wird komplett auf den Gesang verzichtet, was durch das abwechslungsreiche Klavierspiel aber nicht weiter auffällt.

Nichts was man auf der Platte hört wurde vorproduziert und kann so 1 zu 1 live performt und nur mit einem einzigen Flügel auf der Bühne kreiert werden. Aufwendig verkabeln sie den Flügel und basteln stundenlang vor einem Auftritt daran herum bevor sie nur einen Ton spielen.  Selbst gebaute elektromechanische Hämmer werden befestigt, die neben dem melodischen Klavierspiel Klänge erzeugen. Das Programm zur Bedienung dieser Hämmer schrieb Lukas selbst und so schafften die beiden eine kleine Sensation. Durch die aufwendige Konstruktion ist es möglich vierhändig Klavier zu spielen, da beide gleichzeitig den Flügel bespielen können, einer am Computer und einer am Flügel selbst.

Man hört auf ihrem Album „Dilation“ die Breite und die Tiefe, die sie mit ihrer Erfindung  schaffen. Das klassische Klavierspiel kombiniert mit der zeitgenössischen elektronischen Nähe gefällt und macht all denjenigen Mut, die ihre klassischen Musikinstrumente im überproduzierten Pop untergehen sehen und längst abgeschrieben haben.

Uns gefiel das elektronisch angehauchte Stück Ezra Was Right auf. Doch auch andere Stücke wie Arctica und Notbrause überzeugten uns in ihrer Einzigartigkeit.

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Ihr Album „Dilation“ ist auf dem jungen Label FILM erschienen. Mit der Auswahl ihres Labels FILM setzten sie ein Zeichen gegen übergroße Label, um eine gewisse Nähe und einen Bezug zu bewahren, auch wenn ihre Musik auch für durchaus größere Label geschaffen wäre.

Wir hoffen, dass das Label die Grandbrothers weiter nach vorne bringen kann, denn ein Label, welches schon an der Namensgebung scheitert und auf den Namen „FILM“ zurückgreift, der quasi im Internet unauffindbar ist, scheint es mit der Medienpräsens nicht ganz so ernst zu nehmen.

Die beiden haben es geschafft, Analoges mit Digitalem zu verbinden, ohne dabei das klassische Instrument zu verändern. Dabei schufen sie ein Album, das auf alle Instrumente einer herkömmlichen Band verzichtet und nur mittels eines einzigen Flügels aufgenommen wurde, ohne dabei langweilig zu werden. Das ist an Innovation kaum zu übertreffen und wir freuen uns, ihren verkabelten Baukasten und die beiden sympathischen Rheinländer bald live bei ihrem vierhändigen Klavierspiel beobachten zu dürfen.

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Grandbrother beim NDR

SdW Playlist

Autor

Nico

Autor | Köln

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SdW #52 BadBadNotGood – Speaking Gently

SdW #52 BadBadNotGood – Speaking Gently

BADBADNOTGOOD - SPEAKING GENTLY

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Soundtrack der Woche #52

Vier schlaksige Typen sind auf dem Cover zu sehen, lediglich ein Handtuch hat sich ein Jeder von ihnen umgewickelt, der Hintergrund in babyblau. Entschleunigend und losgelöst wirkt das Artwork, authentisch und irgendwie cool und lässig. Ein Sinnbild für die Musik des Quartetts, das für den Hip-Hop sowas ist wie für den Techno der geniale Sam Shepard, alias Floating Points: feiner Jazz durchwoben von lässigen, druckvollen Rap Elementen. Ich muss oft an Flying Lotus denken, auch wenn die Musik von BadBadNotGood weniger abstrakt und experimentell daherkommt und es ein anderer Jazz ist, den Steven Ellison in seine Produktionen einfließen lässt.

Die Jungs aus Kanada haben sich während ihres Jazzstudiums kennen gelernt und angefangen, Hip-Hop Klassiker in ihren Jazz einzubauen. So enstanden eine Reihe von Coverversionen und ihr erstes Album, welches noch ohne selbst produzierte Stücke auskam. Diese kamen ab dem zweiten Album BBNG2 dazu. Auf diesem findet sich auch eine phänomenale Version von James Blakes Limit To Your Love. Ein Meisterwerk!

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Die Band wirkte seitdem an Produktionen von Hip-Hop Größen wie Drake, Kaytranda, Mick Jenkins oder Mac Miller mit. 2015 nahmen sie gemeinsam mit Ghostface Killah ein reines Hip-Hop Album auf. Die Liste ließe sich noch lange fortführen. Doch auch abseits des Hip-Hop findet BadBadNotGood Wege ihren Jazz mit Genrefremdem zusammenzubringen. Zusammen mit Sam Herring, Sänger der Synth-Rock Band Future Islands, inszenierten sie eine fantastische Version von Seasons (Waiting on You) oder eben jenes fulminante Cover von James Blake.

Viele dieser Persönlichkeiten finden sich auch auf IV. (Das ganze Album kann man übrigens bei Soundcloud streamen!) Das Erstaunliche: BBNG schafft Platz für jeden dieser individuell großartigen aber untereinander so heterogenen Künstler und fügt sie nahtlos in ihre Musik ein. Es resultiert ein unglaublich abwechslungsreiches Album, gespickt mit einer Vielzahl extrem interessanter Einflüsse und Wendungen, in seiner Gesamtheit aber sehr homogen.

So wie sie dort in der Sonne stehen, auf dem Cover, so fühlt es sich an ihre Musik zu hören. Sie ist komplex aber verständlich, vielschichtig und druchdacht, intelligent aber lässig.

SdW Playlist

Jan

Gründer | Karlsruhe

Digital Native, Alleskönner, Fahrradenthusiast und Musikliebhaber.

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SdW #32 Floating Points – Silhouettes (I, II & III)

SdW #32 Floating Points – Silhouettes (I, II & III)

FLOATING POINTS - SILLHOUETTES (I, II & III)

Soundtrack der Woche #32

Floating Points. Hinter dem Name verbirgt sich vor allem ein junger unscheinbarer Herr mit nerdiger Anmutung. Der Brite mit der Nerdbrille mixt gekonnt und selbstverständlich House mit Jazzakkorden und Klassikklängen wie kaum ein anderer. Während er sechs Jahre lang an seinem Album werkelte schloss er auch noch ein Studium der Neurowissenschaften mit seiner Doktorarbeit ab.

Er schafft eine schöne Synthese von elektronischer Musik und Jazzelementen. Auf der Bühne zwei Seiten, die aber nicht abwechselnd spielen, sondern vielmehr spielend vereint werden durch Sam Shepherd, auf der rechten Seite, der hinter einem Stapel analoger Synthesizer versteckt die Fäden seiner Musik zusammenführt. Alles um ihn herum blinkt leise. Auf der linken Seite der Bühne seine Jazzmusiker die ganz unauffällig begleiten: mit Drumset, Saxophon, Horn, Bass und Percussion. In der Mitte der Bühne wird die Musik von Visualisierungen eines Lasers begleitet, ein Muster, dass auch das aktuelle Albumcover Elaenia ziert.

Fulminantes Album

Ein Album, das auch alteingesessene Jazzfetischisten wie meinen Vater überzeugen kann. Er attestiert dem jungen Herrn aus Manchester sogar „richtigen“ Jazz, gerade weil er sonst Jazzelementen, die allzu billig anmuten, sehr kritisch gegenübersteht. Floating Points dagegen überzeugt. Fans und Kritiker waren begeistert von seinem Debütalbum, denn die Platte übertraf sämtliche Erwartungen: auf der einen Seite die Tracks an der Schwelle zum Jazz, auf der anderen einige Lieder, die ganz klassisch der Clubmusik zuzuordnen sind.

Unser Soundtrack der Woche bildet eine schöne Reise durch das musikalische Spektrum von Floating Points: groovig, leise und mal laut, kräftig, akzentuiert und melodisch, sanfte Töne wechseln mit nervösen und kräftig angespielten Sounds. Fantastisch. Seine Tracks haben meist eine analoge Schlagseite. Häufig steht der charakteristische warme, weiche und volle Klang des Fender-Rhodes-Pianos im Zentrum, darunter laufen von Sheperd live eingespielte Drums, mal rudernd, bisweilen auch fehlerhaft und nie maschinell streng. Unterkühlte und überdigitalisierte Klänge waren eh nie Shepherds Ding. Mehr über FLoating Points könnt Ihr in diesem Artikel lesen.

Auch als DJ genießt Sam Shepherd einen hervorragenden Ruf. Gerade weil er, statt durchgängig linientreu Techno oder UK Garage aufzulegen, das Publikum immer aufs Neue herausfordert. Sei es mit Jazz, Soul, oder Minimal Music. „Wenn man mich auflegen hört, muss man aufs Schlimmste gefasst sein!“, sagt er in einem Interview und lacht ausgelassen.

Der 29-jährige Shepherd schätzt seine Sammlung auf 10.000 Schallplatten. Ordnung gebe es darin nicht, die Platten stapeln sich verstreut in einem Raum, erzählt er.

Sam Shepherd, also known as Floating Points, a vinyl record collector from London, UK photographed with his vinyl collection at his home for Dust & Grooves. © Copyright - Eilon Paz - www.dustandgrooves.com

Sam Shepherd, also known as Floating Points, a vinyl record collector from London, UK photographed with his vinyl collection at his home for Dust & Grooves. © Copyright – Eilon Paz – www.dustandgrooves.com

Floating Points erleben

Wir empfehlen unbedingt das Konzert auf Arte Concert anzusehen. Außerdem sehens- und hörenswert sind die Aufnahmen, die Thump gemacht hat. Hier fällt es extrem schwer, nicht tief in seine Welt einzutauchen, daher geben wir Euch noch etwas mehr Musik von Floating Points an die Hand. Bei seinen älteren Produktionen sind auch durchaus clubtaugliche Produktionen dabei (wie Nuits Sonores oder Nectarines).

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SdW #31 Rusconi – Berlin Blues

SdW #31 Rusconi – Berlin Blues

RUSCONI - BERLIN BLUES

Soundtrack der Woche #31

Das schöne am Jazz ist, dass man eingetlich nie weiß was als nächstes passiert.

Der Jazz des schweizer Trios Rusconi ist gespickt mit Ausflügen frenab jeder Genregrenzen und vereint neben der Klassischen Jazz Instrumentierung Gitarren, Gesang und Synthesizer zu einer Musik die abwechslungsreicher kaum sein könnte. Dementsprechend breit Gefächert ist die Liste an Einflüssen: Miles Davis, die Sex Pistols oder Flying Lotus.

Das Ergebnis sind unglaubliche lebendige und progressive Tracks, die im ständigen Wandel zu sein schein. Berlin Blues ist ein Paradebeispiel. In 4 Minuten packt Rusconi mehr als Andere auf eine ganze Platte.

Rusconi nimmt dich mit auf eine wilde Reise in verrückt schöne Klangwelten und vielen unerwarteteten Momenten. Irgendwo zwischen freier Interpretation und regiden Strukturen präsentiert uns Rusconi einen genialen Jazz und Tracks die sich ständig neu erfinden.

 

© Rusconi

© Rusconi

 

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SdW #12 GoGo Penguin – Hopopono

SdW #12 GoGo Penguin – Hopopono

GOGO PENGUIN - HOPOPONO

Soundtrack der Woche #12

Das ist mal was erfrischend neues hier. Wir mögen auch Jazz. GoGo Penguin ist ziemlich angesagt zur Zeit unter den PopJazzern und tourt aktuell durch Europa. Sie haben ein neues Album rausgebracht und sich einen Soundtrack der Woche bei uns verdient. Das nerdige Trio aus Manchester versteht sein Handwerk ziemlich gut. Es vereint Einflüsse von Aphex Twin, Brian Eno oder e.s.t. und begründete aus dem Stand ihren Ruf als das upcoming Piano Trio Englands. Sie bestehen aus dem Drummer Rob Turner, dem Bassisten Nick Blacka und dem Pianisten Chris Illingworth. Ihre Liveshows sorgen regelmäßig für schwerste Lobhudeleien von Seiten des Guardian oder der BBC. Man merkt dem Trio an, dass sie aus der britischen Szene kommen, ist ihre Musik ähnlich druckvoll wie Britrock in der Indiesparte. Im Vergleich zu e.s.t. steht das Schlagzeug etwas dumpf im Vordergrund, erzeugt aber auch Druck, der funktioniert. Wer noch eine Schippe Raffinesse drauf legt, landet beim Esbjörn Svensson Trio und deren Album live in Hamburg. Jedoch wird die Musik von GoGo Penguin auch von technoiden Elementen inspiriert, auf jeden Fall echt spannend.

Es ist also sicher ein guter Einstieg in die moderne Jazzwelt. Wir wünschen viel Spaß!

GoGo-Penguin

© GoGo-Penguin

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