Das ist Bilderbuch. Unkorrekt, sexy und besessen von gewagter Collage – in allen Bereichen. Die neue Single „Bungalow“ des Mitte Februar erscheinenden Albums „Magic Life“ verrät, dass sich die österreichische Band keinen Schritt weiter bewegen wird. Spätestens, wenn man das Cover der SWAG Playlist von Spotify ziert oder in sozialen Netzwerken das Label „Backstreetbuch,sheeeech!“ bekommt, sollte man sich Sorgen machen? Oder es weiter auf die Spitze treiben? Gewissermaßen sind die Poprocker bemüht, den Pegel zu halten und weiter mit Klischees zu spielen, Genres zu crashen und ihr stetig wachsendes Konzertpublikum zum tanzen zu bringen.
Wirklich neu scheint ihre Musik nicht. Während sie noch nach den ersten beiden Alben jeweils einen heftigen Richtungswechsel einschlugen, scheint Bilderbuch rund um den Frontmann Maurice Ernst mittlerweile angekommen zu sein. Lange arbeiteten sie an ihrer Musik und wechselten nach Jahren von konventionell zu spannend. Vom langweiligen Indierock zum verrückten Art-Pop. Weiter versunken in ironischer Selbstherrlichkeit. Das gefällt, da es ansonsten in der deutschsprachigen Musikwelt doch recht asexuell zuging, alles sehr korrekt und an Geschichten im Songtext orientiert.
Textuell spielen Bilderbuch also in einer Region, die von deutschsprachigen Künstlern meist gemieden wird. Mit Sexyness tut der Rest sich schwer, vielleicht erklärt das den aktuellen Boom von Bands wie Wanda und Bilderbuch, die mit derlei Verklemmung nicht hadern.
Bilderbuch lebt, glaubt man ihrem Instagramaccount (übrigens hier unserer – der einzige Grund für das Showoffnetzwerk, also bitte folgen!), mittlerweile die laszive, verführerische Dekadenz, die sie seit Schick Schock musikalisch postulieren. Goldene Jacken und Blousons, gelber Lamborghini, schmutzige Sneakers, verwaschene Shirts, Secondhand von Stange und Großeltern.
„Wir mixen Dinge, die eigentlich nicht zusammenpassen. Erst, wenn man einen Meter zurücktritt und sich Zeit nimmt, nochmal hinzuschauen, ergibt sich das Gesamtbild. Im Expressionismus macht ein rosa Himmel ja auch nur Sinn, wenn die Erde blau ist“, erklärt der Sänger Maurice. Bilderbuch nehmen Versatzstücke unterschiedlicher Genres und verlöten sie.
Mit „Bungalow“ erklären Bilderbuch, was sie unter Pop von morgen verstehen. Besonders genießen kann man den Quatsch, wenn man sich das entsprechende Video dazu ansieht. Sexy – Maurice Ernst geölt an der Stange, selbstironisch – der Tanz mit der Katze und das Ertappen seiner selbst, kritisch – verloren in zwei Displays (selbst der Flaneur verschiebt seine Wanderungen ins Netz), gelangweilt – check! Die Bilderbuch – Bande nimmt sich nicht ernst und das ist schön!
Eine Zeit lang habe ich gebraucht, um die Spielereien zwischen Autos, Frauen und Lebensenergie und deren Zusammenhang zu entschlüsseln. Maurice singt so groovig, dass Lader zu abenteuerhaften Fahrzeugen werden und mein Akku zu Monaco, der Dekadenz huldigend.
Musikalisches Highlight sind die letzten zwanzig Sekunden Gitarrenkunst.