SdW #66 Grandbrothers – Ezra Was Right
Soundtrack der Woche #66
Ein Album aufnehmen mit nur einem Instrument. Seit 2011 verzücken die Grandbrothers mit ihrem modernen Klavierspiel.
Die Grandbrothers, das sind Erol Sarp am Klavier und Lukas Vogel an den Reglern. Im Rahmen ihres Ton- und Bildtechnik Studiums in Düsseldorf erforschten die beiden ein noch unentdecktes Gebiet der Klangerzeugung und kreierten eine noch nie dagewesene musikalische Neuerscheinung.
Die beiden wollen zeigen wie viele Klänge und wie viel Ungewohntes man aus einem Flügel herausholen kann, indem sie einen Flügel als Klanggenerator nutzen ohne dabei auf einen Synthesizer oder Computersounds zurückgreifen zu müssen. Es wird komplett auf den Gesang verzichtet, was durch das abwechslungsreiche Klavierspiel aber nicht weiter auffällt.
Nichts was man auf der Platte hört wurde vorproduziert und kann so 1 zu 1 live performt und nur mit einem einzigen Flügel auf der Bühne kreiert werden. Aufwendig verkabeln sie den Flügel und basteln stundenlang vor einem Auftritt daran herum bevor sie nur einen Ton spielen. Selbst gebaute elektromechanische Hämmer werden befestigt, die neben dem melodischen Klavierspiel Klänge erzeugen. Das Programm zur Bedienung dieser Hämmer schrieb Lukas selbst und so schafften die beiden eine kleine Sensation. Durch die aufwendige Konstruktion ist es möglich vierhändig Klavier zu spielen, da beide gleichzeitig den Flügel bespielen können, einer am Computer und einer am Flügel selbst.
Man hört auf ihrem Album „Dilation“ die Breite und die Tiefe, die sie mit ihrer Erfindung schaffen. Das klassische Klavierspiel kombiniert mit der zeitgenössischen elektronischen Nähe gefällt und macht all denjenigen Mut, die ihre klassischen Musikinstrumente im überproduzierten Pop untergehen sehen und längst abgeschrieben haben.
Uns gefiel das elektronisch angehauchte Stück Ezra Was Right auf. Doch auch andere Stücke wie Arctica und Notbrause überzeugten uns in ihrer Einzigartigkeit.
Ihr Album „Dilation“ ist auf dem jungen Label FILM erschienen. Mit der Auswahl ihres Labels FILM setzten sie ein Zeichen gegen übergroße Label, um eine gewisse Nähe und einen Bezug zu bewahren, auch wenn ihre Musik auch für durchaus größere Label geschaffen wäre.
Wir hoffen, dass das Label die Grandbrothers weiter nach vorne bringen kann, denn ein Label, welches schon an der Namensgebung scheitert und auf den Namen „FILM“ zurückgreift, der quasi im Internet unauffindbar ist, scheint es mit der Medienpräsens nicht ganz so ernst zu nehmen.
Die beiden haben es geschafft, Analoges mit Digitalem zu verbinden, ohne dabei das klassische Instrument zu verändern. Dabei schufen sie ein Album, das auf alle Instrumente einer herkömmlichen Band verzichtet und nur mittels eines einzigen Flügels aufgenommen wurde, ohne dabei langweilig zu werden. Das ist an Innovation kaum zu übertreffen und wir freuen uns, ihren verkabelten Baukasten und die beiden sympathischen Rheinländer bald live bei ihrem vierhändigen Klavierspiel beobachten zu dürfen.